Zusammenfassung

Gabriel Lippmanns (1845–1921) sogenannte Interferenzfotografie, eines der frühesten farbfotografischen Verfahren, wurde aufgrund der Schwierigkeiten, Lippmann-Fotografien in Abzügen zu reproduzieren, nie zur gängigen Praxis, war jedoch in akademischen und wissenschaftlichen Kreisen weithin bekannt und wurde auch angewandt. Dieser Artikel zieht den Versuch des deutschen Physikers und Ingenieurs Hans Lehmann (1875–1917) zur Reproduktion einer Lippmann-Platte sowie dessen Unzulänglichkeiten als Ausgangspunkt zur eingehenden Beschäftigung mit dieser Einschränkung heran. Dann verschiebt er das Paradigma der grafischen Verbreitung, um anhand zweier Fallstudien aufzuzeigen, wie in Ermangelung verbreiteter Drucke, die Interferenz-Farbfotografie nicht nur als materielles Objekt, sondern auch als Wissen über Licht und Chemie, international kursierte: Die erste befasst sich mit der unternehmerischen Verbreitung durch den Verkauf von Lippmann-Platten; der Fokus der zweiten liegt auf persönlichen internationalen Netzwerken des Austauschs, die es Forschern ermöglichten, auf entsprechendes Wissen zuzugreifen. Damit bindet ­dieser Beitrag die Lippmann-Fotografie, die oft als Nischen-Verfahren gilt, in eine global-systemische Annäherung an die Geschichte des Mediums ein und belegt, dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz verschiedene ­Winkel der Welt erreichte.

Weitere Artikel in diesem Heft:

Rundbrief Fotografie Hefte